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10.07.2020

Unser Kleinbauernprojekt in West Kalimantan, IndonesienEin Interview mit Julia Beier, Responsible Sourcing Manager bei Beiersdorf und Jenny Walther-Thoss, Referentin für nachhaltige Biomasse beim World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland

Jenny Walther-Thoss (links) und Julia Beier (rechts)

Julia Beier arbeitet im Bereich Corporate Sustainability und ist verantwortlich für unser Nachhaltigkeitsprogramm entlang der Lieferkette. In Zusammenarbeit mit dem Einkauf stellt sie sicher, dass Beiersdorf seine Rohstoffe verantwortungsvoll bezieht. Im Rahmen unseres nachhaltigen Palmölprogramms, leitet sie Beiersdorfs erstes Kleinbauernprojekt in West Kalimantan, Indonesien. Gemeinsam mit dem WWF wurde dieses Projekt 2018 gestartet mit dem Ziel den nachhaltigen Anbau von Palmöl vor Ort zu fördern.

Im Rahmen dieses Engagements traf Julia vor zwei Jahren auf Jenny Walther-Thoss, Referentin für nachhaltige Biomasse beim WWF Deutschland. Die beiden bilden seitdem ein Team und leiten das Projekt gemeinschaftlich. Wir haben die beiden getroffen und einen Einblick in das Projekt bekommen.

Warum hat sich Beiersdorf damals für das Projekt in West Kalimantan entschieden, Julia?

Julia: Dieses Projekt war für Beiersdorf spannend, da es Teil eines größeren Landschafts-Projekts des WWF ist, welches versucht, das grüne Herz von Borneo, den zweitgrößten Regenwald der Welt zu schützen. Wir unterstützen insgesamt drei Projektdörfer mit 4.500 Einwohnern, inklusive 240 Kleinbauern im Kapuas Hulu Distrikt. Wir möchten den Kleinbauern, dabei helfen, sich weiterzuentwickeln und professioneller und nachhaltiger ihre Ölpalmen anzubauen. Wir unterstützen sie in unterschiedlichen Aspekten durch Weiterbildungsmaßnahmen für die Farmer und ihre Gemeinden, soziale Projekte für die Förderung von Frauen, Verbesserung der Trinkwasserversorgung und zu guter Letzt natürlich den Schutz des Regenwaldes. Somit ist es ein sehr vielseitiges Projekt mit einer großen Wirkung vor Ort.

Welche Ziele verfolgt das Kleinbauern-Projekt in Indonesien konkret?

Jenny: Mit diesem Projekt wollen wir zum einen vermeiden, dass die Kleinbauern die Entwaldung weiter vorantreiben. Zum anderen möchten wir, dass sie zukünftig nachhaltiges Palmöl anbauen und nach dem ISPO Standard (indonesischer Standard für nachhaltiges Palmöl) und später auch dem RSPO Standard (globaler Standard für nachhaltiges Palmöl) zertifiziert werden können. Dafür führen wir Trainings mit den Kleinbauern vor Ort durch und unterstützen sie dabei, Zugang zu qualitativ hochwertigen Setzlingen zu bekommen und bei den Legalitätsnachweisen. Ziel ist es, dass die Kleinbauern Zugang zu den lokalen Palmöl-Mühlen und somit zum Markt bekommen und dass sie effizienter und nachhaltiger produzieren können. Außerdem möchten wir durch dieses Projekt den Lebensstandard der Kleinbauern und ihrer Familien verbessern indem wir sie nicht nur dabei unterstützen ihre Arbeitsweise nachhaltiger zu gestalten, sondern auch soziale Aspekte vorantreiben.

Inzwischen seid ihr schon über die Halbzeit des Projekts hinaus. Ihr habt berichtet, dass das Projekt bereits einiges erreicht hat. Welche Fortschritte sind das und worauf seid ihr besonders stolz?

Jenny: Wir konnten die Aufmerksamkeit der lokalen Regierung auf die Situation der Kleinbauern lenken. Wir haben eine Brücke zwischen Behörde und Farmern gebaut – das ist ein großer Erfolg des Projekts. Generell gibt es relativ viele Weiterbildungsprogramme für Kleinbauern in Indonesien. Aber die Kommunikation gestaltet sich oft so schwierig, dass die Kleinbauern nicht wissen, was sie tun müssen, um Zugang zu den angebotenen Hilfsprogrammen zu erhalten. Zudem ist Indonesien ein Land mit einer sehr diversen Bevölkerung. Mitarbeitende der Behörden sind oft nicht aus der Region und damit nicht aus derselben Volksgruppe – so entstehen häufig Verständigungsprobleme. Aktuell schaffen wir die rechtlichen Grundvoraussetzungen, damit die Gemeinschaften und Farmer-Gruppen auch nachdem dieses Projekt beendet ist, weiterhin Zugang zu den offiziellen Förderprogrammen erhalten können.

Julia: Ein zweiter großer Erfolg sind die Trainings, die weit über den Anbau von nachhaltigem Palmöl hinausgehen: Die Verbesserung einer sauberen und sicheren Trinkwasserversorgung für die Dörfer sowie der Anbau von Kautschuk als eine weitere Einnahmequelle, die Professionalisierung des Kunsthandwerks sowie der Anbau von Obst und Gemüse. Für die Dörfer sind das zusätzliche Faktoren, die die Gemeinschaft stärken und die Lebensbedingungen verbessern. Diese Teilprojekte haben einen Schub ausgelöst, sodass die Gemeinde sogar selbst beschlossen hat, weitere Gelder zur Verfügung zu stellen, um die Trinkwasserversorgung zu erweitern und eine Schule anzuschließen. An dieser sogenannten „Green School“ sollen Themen wie die Bedeutung von sauberem Trinkwasser für die Gesundheit sowie Umweltbildung in der Schule etabliert werden. Dieses Projekt ist nicht durch uns, sondern durch das alleinige Engagement der Gemeinde entstanden.

Jenny: Ein schöner Nebeneffekt solcher Projekte ist, dass man globale Lieferbeziehungen aus der Anonymität herausholt. Dass sowohl die Bauern vor Ort als auch das Management von Beiersdorf sich sehen, einander die Hände schütteln und sagen: „Ihr seid also die, die am anderen Ende einer Lieferkette stehen.“ Das ist für die gesamte globalisierte Welt, in der wir arbeiten, ein nicht unerheblicher Effekt. Die Kleinbauern sagen sich dann: „Ich baue eine wertvolle Ressource an, die als weiterverarbeiteter Rohstoff in Kosmetikprodukten, wie denen von Beiersdorf, verwendet wird.“

Was sind die größten Herausforderungen in der Umsetzung des Projektes?

Julia: Sowohl für Beiersdorf als auch für den WWF ist es eine große Herausforderung sicherzustellen, dass sämtliche Palmölplantagen in der Projektregion legalisiert sind und nachhaltige Prinzipien angewendet werden. Das sind wichtige Anforderungen, um die ISPO-Zertifizierung zu erhalten. Aktuell sind erst einige der ISPO Kriterien erfüllt. Unser Ziel ist es jedoch, bis zum Ende des Projekts die Grundlage zu schaffen, dass die Mehrheit der Bauern sich in Zukunft zertifizieren lassen kann.

Jenny: Eine weitere, politische Herausforderung ist außerdem, dass Palmöl ein sehr sensibles Thema in Indonesien ist. Wenn beispielsweise die EU-Kommission entscheidet, Palmöl aus den Biokraftstoffen zu verbannen, können solche Schlagzeilen zu negativen Reaktionen und Ablehnung in Indonesien führen. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, leisten die WWF Kolleginnen und Kollegen vor Ort diplomatische Hochleistungen. Die Realität vor Ort bringt immer wieder neue Herausforderungen zutage. Aber gerade das macht die Zusammenarbeit auch spannend und bringt Spaß.

Wie geht es aktuell – also zu Krisenzeiten- mit dem Projekt weiter?

Jenny: Natürlich beeinflusst COVID-19 auch unsere Arbeit in Indonesien, denn das Team ist zurzeit im Lockdown. Wenn die Arbeit mit den Kleinbauern wieder möglich ist, wird es unser Ziel sein, die Legalitätsnachweise weiter voranzubringen. Das zweite Ziel ist, die Trinkwasserversorgung dauerhaft zu sichern. Und das dritte wichtige Ziel ist, den Zugang zu Mühlen und zu zertifizierten und qualitativ hochwertigen Setzlingen für die Kleinbauern zu sichern. Alleine durch neue Setzlinge können die Kleinbauern den Ertrag verdoppeln, ohne dass sie neue Flächen benötigen.

Julia, sind denn noch weitere solcher Projekte geplant?

Julia: Beiersdorf möchte sein Engagement vor Ort weiter ausbauen und auch zukünftig Kleinbauern im Palmölbereich und auch bei anderen Rohstoffen unterstützen. Unser Ziel ist es, dass wir solche Projekte zukünftig auch in unsere Lieferkette integrieren.

Danke, Julia und Jenny, für dieses spannende Gespräch und den tollen Einblick in das gemeinsame Kleinbauernprojekt in Indonesien.

(Dieses Interview wurde im Mai 2020 geführt. Jenny Walther-Thoss ist inzwischen nicht mehr beim WWF Deutschland tätig.)

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Katrin Selzer

Über die Autorin: Katrin Selzer

Katrin ist seit 2003 bei Beiersdorf tätig. Nach verschiedenen Positionen in den Bereichen Marketing, Strategie, Digital und PR, verantwortet sie seit September 2018 als Senior Communication Manager den Themenbereich Nachhaltigkeit. Für Katrin hat Nachhaltigkeit eine hohe persönliche Bedeutung, da sich damit die Welt zum Positiven verändert – und den kommunikativen Beitrag dazu leistet sie. Sie kommuniziert mit viel Leidenschaft und versucht auch selbst das Thema voran zu treiben. Auch in ihrem Privatleben ist sie stets auf der Suche nach Mitteln und Wegen einen nachhaltigen Lebensstil zu leben und andere dazu zu inspirieren.