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23.05.2023

Globalisierung besser machen

Wer global wirtschaftet und global Gewinne macht, muss auch global Verantwortung tragen – so lässt sich das Ziel des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zusammenfassen. Am 1. Januar 2023 trat es in Kraft. Bei Beiersdorf treiben Marco Egner, Sustainability Manager für verantwortungsvolle Beschaffung, und Maren Segelken, Senior Development Manager Sustainability im Einkauf, die konsequente Umsetzung maßgeblich mit voran. Beide sind sich einig: Das Gesetz ist herausfordernd, war lange überfällig und bewirkt etwas Gutes.

Marco Egner und Maren Segelken

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Was ging euch durch den Kopf, als ihr zum ersten Mal davon hörtet?

Maren: Dass der Begriff zu nüchtern ist und die Kernthemen Menschenrechte, Arbeitsweisen und Umweltfragen nicht klar werden. Es geht darum, die globale Wirtschaft, ökologischer und sozial gerechter zu machen. Etwas sehr Gutes also.

Marco: Abgesehen davon, dass es mit 36 Buchstaben ein Wortungetüm ist, habe ich mich gefragt, ob wir als Beiersdorf da tiefgreifende Änderungen oder Anpassungen vornehmen müssen. Wir treiben das Thema Verantwortung über unsere gesamte Wertschöpfungskette seit vielen Jahren aktiv voran. Dabei sind uns nicht nur Umweltfragen, sondern ebenso Aspekte wie Menschenrechte, Arbeitsbedingungen, Bezahlung und Sicherheit sehr wichtig – bei uns und unseren Geschäftspartnern.

Ihr seid tief in das Thema eingestiegen: Was kam dabei heraus?

Marco: Auf Basis einer internen Vorstudie haben wir einen funktionsübergreifenden Workshop organisiert, dieser war die Initialzündung für alle weiteren Aktivitäten. Insgesamt waren wir schon gut aufgestellt, das hat auch ein externes Gutachten bestätigt. Dennoch gab es ein paar Hallo-Wach-Momente. So haben wir beispielsweise gesehen, dass intern die Verantwortlichkeiten nicht immer klar definiert waren und definierte Prozesse nicht immer konsequent gelebt wurden. Je intensiver wir uns dann mit den Gesetzesinhalten beschäftigt haben, umso deutlicher wurden die Herausforderungen – unter anderem in punkto Transparenz und tatsächlicher Einflussnahme auf Lieferanten. Ein Beispiel: Wenn lokale Gesetze bestimmte arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen zulassen, können wir nicht einfach vorschreiben, es anders zu machen. Aber wir können versuchen, partnerschaftlich Einfluss zu nehmen, um Dinge zu verbessern. Und das tun wir auch.

Maren: Die Bürokratie, die das neue Gesetz mit sich bringt, ist ebenfalls herausfordernd. Man muss sich vor Augen führen, dass wir als Beiersdorf mit mehreren Tausend Lieferanten und Partnern zusammenarbeiten. Das ist enorm viel. Uns war schnell klar, dass wir mehr Hände brauchen würden, um alle Details nachweisen zu können und den Dokumentationspflichten nachzukommen. An dieser Stelle ist Beiersdorf einfach ein tolles Unternehmen. Wir haben nicht nur den notwendigen Rückhalt, sondern ebenso zusätzliche Ressourcen bekommen.

Wie sieht denn der Gestern-und-Heute-Vergleich konkret aus?

Maren: Marco hat es gesagt – wir hatten schon vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gute Ansätze, um Lieferanten zu überprüfen. Aber es gab keinen eigenen Prozess und kaum Manpower, um Dinge aktiv nachzuverfolgen. Das haben uns externe Dienstleister abgenommen, unter anderem durch die Zuordnung eines Risikostatus, verschiedene Online-Bewertungstools und in Form von sogenannten Sozial-Audits... Diese Services nutzen wir weiterhin, sind gleichzeitig aber selbst stärker im Lead. Dafür haben wir ein zusätzliches Team aufgebaut und allein fünf neue Leute eingestellt, die das Thema Menschenrechte bearbeiten. Für unsere Einkaufteams ist das eine wertvolle Unterstützung, denn die Kolleg*innen leiten sie durch das Procedere und nehmen ihnen Vieles ab. Daher wollen wir uns an dieser Stelle auch bei allen bedanken, die in den letzten Monaten an den neuen Prozessen und Systemen mitgearbeitet haben.

Was bedeutet das neue Lieferkettengesetz für Mitarbeitende und wie bringt ihr die Dinge zum Leben?

Marco: Alle, die mit externen Geschäftspartnern zusammenarbeiten, tragen Verantwortung. Ein zentrales Element ist der sogenannte Code of Conduct, der unsere sozialen, ökologischen und ethischen Standards definiert und den wir im letzten Jahr überarbeitet haben. Er entspricht den neuesten Anforderungen und gilt als Basis unserer Geschäftsbeziehungen für alle Seiten. Zum neuen Lieferkettengesetz haben wir viel kommuniziert und die Kolleg*innen, insbesondere im Einkauf, auch intensiv – mit dem Schwerpunkt auf Menschenrechten – trainiert. Derzeit entwickeln wir zusätzlich ein verpflichtendes Training für Mitarbeitende außerhalb der Einkaufsfunktion, um das Bewusstsein in der gesamten Organisation noch weiter zu erhöhen.

Maren: Es liegt in der Natur der Sache, dass unsere Procurement-Teams mit dem neuen Gesetz besonders große Berührungspunkte haben. Als wir unsere Trainings gestartet haben, gab es viel Zurückhaltung, denn allen war die Bürokratie dahinter bewusst. Gleichzeitig gibt es bei Themen wie Umwelt, Menschenrechte und Arbeitsweisen eine hohe intrinsische Motivation. Niemand von uns will mit Partnern arbeiten, die entgegen unseren Werten handeln. Am Ende schätzen die Kolleg*innen wert, dass wir die Dinge eingeordnet haben und ihnen viel Arbeit abgenommen wird.

Auch die EU plant ein Lieferkettengesetz, um internationale Menschenrechts- und Umweltstandards sicherzustellen: Was hat es damit auf sich?

Marco: Die europäische Verordnung soll noch deutlich weitergehen als das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Während sich die deutsche Version hauptsächlich auf direkte Partner konzentriert, erstrecken sich die Anforderungen und Sorgfaltspflichten des europäischen Richtlinienentwurfs über die gesamte Wertschöpfungskette und schließen neben Lieferanten von Lieferanten auch nachgelagerte Geschäftspartner (wie Transport, Lagerung oder Entsorgung) ein. Auch hier stehen wir vor großen Herausforderungen – die Vorbereitung auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hilft uns hierbei allerdings enorm.

Was ist euch persönlich wichtig und wie tragt ihr als Privatpersonen Verantwortung?

Marco: Ich habe beispielsweise mein Auto abgegeben und nutze öffentliche Verkehrsmittel, esse kein Fleisch mehr, kaufe Bio-Lebensmittel und Produkte von Marken, die ihre Lieferketten transparent machen. Man muss aber auch ehrlich sein – ich wohne in der gut vernetzten Innenstadt und habe viele Wahlmöglichkeiten in meinen Konsumentscheidungen. Eine Basis, die es mir erlaubt, im Kleinen einen Beitrag zu leisten. Bei Beiersdorf haben wir allerdings einen viel, viel größeren Hebel. Das gibt meinem Job Sinn und treibt mich an – und gesamtwirtschaftlich gesehen, halte ich das neue Gesetz für überfällig.

Maren: Das teile ich. Wenn ich die Wahl habe, nehme ich immer das Produkt, das nachhaltiger ist. Als Konsument*innen können wir Unternehmen beeinflussen. Je höher die Nachfrage nach verantwortungsvoll hergestellten Produkten ist, desto motivierter sind Hersteller, Dinge zu verbessern. Dass das klappt, sehen wir in Europa und vielen anderen Ländern. Mich beruhigt der Gedanke, dass wir selbst den Unterschied machen und mit unseren Kaufentscheidungen einen Einfluss auf Umwelt sowie Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen haben.

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Ines Kandel

Über die Autorin: Ines Kandel

Ines ist die Expertin für die gesamte Kommunikation entlang unserer Supply Chain und damit zusammenhängende Themen wie Einkauf, Digitalisierung, Logistik, Qualität oder unsere Beiersdorf Produktionszentren weltweit. Zuvor hat sie für Beiersdorf bereits an verschiedenen Kommunikationsthemen gearbeitet – darunter HR, Strategie, F&E, Finanzen und Krisenkommunikation.